Asphaltmischanlagen mit Euro 6?

Äpfel und Birnen

Am 20.11.2015 stand es in der Walsroder Zeitung: Das von der Firma Ahrens Transport & Handel GmbH & Co. KG in Bomlitz geplante Asphaltmischwerk soll laut Ahrens-Geschäftsführer Karsten Klein so umweltschonend sein, dass es sogar der „Euro-6-Norm“ entsprechen würde. Diese Behauptung konnte damals schwerlich adhoc entkräftet werden auch wenn sich der Eindruck aufdrängte, dass hier Äpfel mit Birnen verglichen wurden. Ob der Vergleich wenigstens prinzipiell einer Überprüfung standhält, soll an dieser Stelle untersucht werden.

Euro-6-Norm

Als erstes stellen wir dar, was sich hinter der Euro-6-Norm verbirgt. Sie steht für saubere Autos und ist dort der Stand der Technik in der Abgasreinigung. Das bedeutet, dass in Europa neu zugelassene Autos seit 2015 die Anforderungen dieser Abgasnorm entsprechen müssen. In mehreren Stufen wurden in Europa seit 1970 Grenzwerte für bestimmte Luftschadstoffe im Abgas von Otto- bzw. Dieselmotoren festgelegt. Heute sind demnach die Emissionen eines Ottomotor für die folgenden Stoffe begrenzt:

  • Kohlenmonoxid (CO)
  • Stickoxide (NOx)
  • Kohlenwasserstoffe (HC)
  • Nichtmethankohlenwasserstoffe (NMHC)
  • Feinstaub (PM) bzw. Partikelanzahl (PN)

Für Dieselmotoren gemäß Euro-6 bestehen ebenfalls Grenzwerte für die genannten Schadstoffe mit Ausnahme der NMHC. Diese Werte sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt.

Luftschadstoff Grenzwert
Ottomotor CO 1000 mg/km
NOx 60 mg/km
HC 100 mg/km
NMHC 68 mg/km
PM 4,5 mg/km
PN 6 · 1012 1/km
Dieselmotor CO 500 mg/km
NOx+HC 170 mg/km
NOx 80 mg/km
PM 4,5 mg/km
PN 1/km

Tabelle 1: Luftschadstoffe und Grenzwerte Euro 6 Abgasnorm für Otto- und Dieselmotor

Emissionen aus Asphaltmischanlagen

Als nächstes soll untersucht werden, für welche Luftschadstoffe Grenzwerte für die Emissionen aus einer Asphaltmischanlage festgelegt sind. Im Wesentlichen entstehen typischerweise im Prozess die Luftschadstoffe Staub, CO, NOx, organische Stoffe, Schwefel  und einige Schwermetalle.

Maßgeblich für Grenzwerte ist die Technische Anleitung Luft aus dem Jahr 2002. Die Emissionen aus dem Schornstein müssen die Grenzwerte gemäß TA Luft 5.2 einhalten. Gemäß TA Luft 5.4.2.15 gilt für den Schadstoff Kohlenmonoxid ein zusätzlicher Grenzwert. Die Grenzwerte für Stoffe der Nr. 5.2.5 Kl. I und II finden keine Anwendung. D.h. organische Stoffe mit einer besonderen Schädlichkeit werden nicht mit separaten Grenzwerten belegt. Für krebserzeugende Stoffe gemäß Nr. 5.2.7.1.1 Kl. III gilt ein deutlich geringerer Grenzwert als für andere Anlagen.

Konkret ergeben sich die in der folgenden Tabelle zusammengestellten Grenzwerte.

Luftschadstoff Grenzwert
CO (bei Brennstoff Braunkohlestaub) 1 g/m³
Gesamtstaub (einschließlich Feinstaub) 20 mg/m³
Schwefeloxide (angegeben als Schwefeldioxid) 0,35 g/m³
Stickstoffoxide (angegeben als Stickstoffdioxid) 0,35 g/m³
Gesamt-C 50 mg/m³
Stoffe gemäß Nr. 5.2.7.1.1 Kl. III 5 mg/m³

Tabelle 2: Luftschadstoffe mit Grenzwerten gemäß TA Luft für Asphaltmischwerke

Grenzwerte TA Luft/Euro-6

Somit sind die Grenzwerte nach TA Luft als Konzentrationen festgelegt. In der Euro-6 werden diese Vorgaben in g/km definiert. Beide Werte sind nicht direkt vergleichbar.

Im Folgenden soll daher errechnet werden, wie viele Autos die gleiche Menge an Luftschadstoffe erzeugen wie ein Asphaltmischwerk. Dazu muss ein konkretes Beispiel gewählt werden.

Maximal genehmigte Emissionsmassenströme am Beispiel der Asphaltmischanlage in Stadthagen

Aus den Grenzwerten nach TA Luft kann ein Emissionsmassenstrom, also die stündliche Masse an Luftschadstoffen, errechnet werden, wenn der Abgasvolumenstrom bekannt ist.

Im vorliegenden Fall wird dazu der Wert der Asphaltmischanlage der Firma Ahrens in Stadthagen in Höhe von 49.500 Nm³/h (tr. bei 17 Vol.% Sauerstoff) angesetzt.

Es ergeben sich die folgenden Schadstoffmengen.

Luftschadstoff Emissionsmassenstrom in kg/h
CO 49,5
Gesamtstaub (einschließlich Feinstaub) 0,99
Schwefeloxide (angegeben als Schwefeldioxid) 17,3
Stickstoffoxide (angegeben als Stickstoffdioxid) 17,3
Gesamt-C 2,5
Stoffe gemäß Nr. 5.2.7.1.1 Kl. III 0,25

Tabelle 3: Emissionsmassenströme für die angegebenen Luftschadstoffe bei einem Abgasvolumen­strom in Höhe von 49.500 Nm³/h bei Ausschöpfung der TA Luft-Grenzwerte für Asphaltmischanlagen

Vergleich Euro-6-Norm und Asphaltmischanlage in Stadthagen

Ein Vergleich der Emissionen gemäß TA Luft und Euro-6 ist möglich, wenn angenommen wird, dass die Euro-6-Autos mit einer Geschwindigkeit von 100 km/h fahren. In diesem Fall entstehen pro Auto die in der folgenden Tabelle aufgeführten stündlichen Schadstoffmengen. Aufgeführt sind nur Luftschadstoffe, die sowohl gemäß TA Luft als auch nach Euro-6 mit einem Emissionsgrenzwert belegt sind. Zusätzlich wird errechnet, wie viele Autos in Summe den gleichen Emissionsmassenstrom wie die gewählte Asphaltmischanlage erzeugen.

 

 

 

Luftschadstoff nach TA Luft Emissionsmassenstrom in kg/h

Asphaltmischanlage in Stadthagen

Emissionsmassenstrom Euro-6 in kg/h

Otto­­motor bei 100 km/h

Emissionsmassenstrom Euro-6 in kg/h

Dieselmotor bei 100 km/h

Anzahl Autos (Otto/Diesel), die einer Asphaltmischanlage entsprechen
CO 49,5 0,1 0,05 495/990
Gesamtstaub (einschließlich Feinstaub) 0,99 0,000451 0,000451 2200/2200
Stickstoffoxide (angegeben als Stickstoffdioxid) 17,3 0,0061 0,0081 2883/2162
Gesamt-C 2,5 0,011 250/-

1: Die Definitionen von Staub, Stickoxiden und Gesamt-C nach TA Luft und Euro-6 sind nicht deckungsgleich.

Tabelle 3: Emissionsmassenströme für die angegebenen Luftschadstoffe bei einem Abgasvolumen­strom in Höhe von 49.500 Nm³/h bei Ausschöpfung der TA Luft-Grenzwerte für Asphaltmischanlagen

Untersuchungsergebnis

Somit setzt eine Asphaltmischanlage, wie sie in Stadthagen betrieben wird, je nach Luftschadstoff und Motorart stündlich so große Mengen an Luftschadstoffen ab, wie rund 250 – 3.000 Autos bei einer Geschwindigkeit von 100 km/h. Diese Werte stehen allerdings unter Vorbehalt, als dass die Definitionen von bestimmten Luftschadstoffen in TA Luft bzw. Abgasnorm Euro-6 nicht deckungsgleich sind. Die Größenordnung des errechneten Ergebnisses wird davon allerdings nicht in Frage gestellt.

Wird pro Stunde nur die halbe Fahrstrecke angesetzt (50 km) so ergibt sich die doppelte Anzahl von Autos (500 – 6.000). Werden in einer Stunde je Auto nur 5 km gefahren, so erzeugen zwischen 5.000 und rund 60.000 Autos stündlich vergleichbare Emissionen wie ein Asphaltmischwerk.

Luftschadstoff nach TA Luft Anzahl Autos Fahrstrecke 100 km (Otto/Diesel) entsprechend Asphaltmischwerk Anzahl Autos Fahrstrecke 5 km (Otto/Diesel) entsprechend Asphaltmischwerk
CO 495/990 9.900/19.800
Gesamtstaub (einschließlich Feinstaub) 2.200/2.200 44.000/44.000
Stickstoffoxide (angegeben als Stickstoffdioxid) 2.883/2.162 57.660/43.240
Gesamt-C 250/- 5.000/-

 

Außerdem konnte gezeigt werden, dass die Abgasnorm Euro-6 nicht unmittelbar mit den Vorgaben der TA Luft vergleichbar ist. Es werden in der Euro-6 nur Emissionen pro gefahrenen Kilometer als Grenzwerte definiert. Ein Vergleich zur TA Luft ist nur auf Basis von Emissionskonzentrationen möglich.

Auch für Autos können mit Hilfe des Abgasvolumenstromes Schadstoffkonzentrationen errechnet werden. Der Abgasvolumenstrom hängt vom Treibstoffverbrauch und der Treibstoffart ab. Bei einem Verbrauch von 10 l Benzin entstehen aufgerundet 100 m³ Abgas. Es ist also als grobe Abschätzung ein Faktor von 10 anzusetzen. Somit entstehen bei 100 km/h mit einem Verbrauch von 10 l Benzin pro Stunde ein Abgasvolumenstrom von 100 m³/h.

Gleichzeitig dürfen nach Euro-6 bi zu 1 g CO pro km emittiert werden. Das sind in diesem Fall 100 g in einer Stunde. Daraus ergibt sich eine Konzentration von 100 g/100 m³ also 1 g/m³. Folglich endspricht Euro-6 in diesem Fall nahezu vollständig der TA Luft. Für die Stickoxide ergibt sich für Euro-6 Motoren mit 0,6 g/m³ ein Wert, der oberhalb der TA Luft liegt. Die Emissionskonzentration für Staub aus Motoren liegen etwas unterhalb der TA Luft Grenzwerte für Gesamtstaub.

Gemessen an den Emissionskonzentrationen sind die Grenzwerte für Euro-6 Motoren tatsächlich in der gleichen Größenordnung wie die Grenzwerte der TA Luft für Asphaltmischwerke.

Dennoch sollten Asphaltmischwerke nicht mit Automotoren verglichen werden. Entscheidend für die Auswirkungen der Luftschadstoffe ist die Höhe der Immissionen, also die Konzentration im Umfeld der Menschen. Da sowohl die Abführung der Abgase und auch die Entfernung zu Wohngebieten sehr unterschiedlich ist, muss in jedem Einzelfall abgewogen werden.